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Interview erschienen in Kronen Zeitung, 12/20219

Berge machen im Kopf frei!

Wer Probleme hat, der findet in den Bergen leichter eine Lösung, ist der Südtiroler Pauli Trenkwalder überzeugt: „Denn Berge tun nicht nur der Seele gut, sondern sorgen beim Bergsport auch für kreative Phasen.“

In den Bergen kann man gut entspannen und über Dinge nachdenken, ist Pauli Trenkwalder
überzeugt. Und der Südtiroler muss es wissen, sind Berge doch sein Arbeitsplatz. Der 44-Jährige ist Bergführer und gleichzeitig auch ein erfahrener Psychologe. Was passiert denn am Berg eigentlich?
„Der Mensch fährt sein System herunter“, ist Pauli überzeugt: „Der Glücksforscher Czikszentmihalyi nennt es Floweffekt, es stellt sich ein Glücksgefühl ein, wenn man eine Extremsituation überstanden hat. Der Neurobiologe Arne Dietrich sagt, es gibt in uns ein implizites und ein explizites Hirnkastl. Beim Bergsport fährt das explizite System jedoch herunter und der Autopilot übernimmt. Ich muss also nicht mehr darüber nachdenken, wie ich einen Fuß vor den anderen setze. Diese Bewegung ist dann automatisiert, deshalb kann ich mich voll und ganz auf andere Sachen konzentrieren.“ Pauli bietet seinen Kunden damit viel mehr als ein unvergessliches Bergerlebnis. „Zu mir kommen Menschen, die ein Anliegen oder ein Problem haben und dabei Unterstützung oder Hilfe benötigen.“ Menschen, die in einem anderen Beruf noch einmal neu durchstarten, Führungskräfte, die sich weiterentwickeln wollen, oder Leute, die Schwierigkeiten in ihrer Liebesbeziehung haben. „Diese Menschen sind nicht psychisch krank, brauchen auch keine Therapie, sondern wollen einfach gewisse Themen mit einer externen Person besprechen. Also einfach über Sachen reden, über die man mit der Familie, Freunden oder Bekannten nicht sprechen will oder kann.“ Bei den Bergtouren mit seinen Kunden arbeitet Pauli mit klassischen Instrumenten der Psychologie, wie Gesprächsführung, Fragestellung; und der Berg und die Natur bieten das einzigartige Setting dafür. „Der Berg selbst therapiert ja nicht!“, schmunzelt Pauli: „Aber die Umgebung hilft, weil man seinen Blick schweifen lassen kann, wenn man mehrere Stunden lang gemeinsam unterwegs ist. In einem Raum, in einer Praxis ist der Blick gebunden, man kann maximal von einer Wand zur anderen blicken. Am Berg ist der Blick hingegen frei, man spürt Wärme oder Kälte, den Luftzug, man sieht Farben und plötzlich versinkt man in seinen Gedanken, in den Themen und das bringt viel schneller gesuchte Lösungen hervor.“ Nicht umsonst zieht es immer mehr Menschen unbewusst hinaus in die Natur, in die Bergwelt. „Und wenn sie dann zurückkommen, sagen diese Leute, das hat mir gut getan“, so der Psychologe: „In der Natur passiert einfach etwas in uns, was eben gut für uns ist.“

Hannes Wallner
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